Mittlerweile können wir mit Stolz sagen, dass wir ein funktionierendes und erfolgreiches Remote-Team sind. Doch auch unser Start war nicht ohne Probleme und wir lernen konstant dazu, um welche Eigenschaften und Fähigkeiten es im Kern geht, wenn man eine ortsunabhängige Erfolgsgeschichte schreiben will. In diesem Artikel stellen wir euch einige der Lektionen vor, die wir auf diesem Weg gelernt haben.
Verantwortung übernehmen
Du hast einen bestimmten Arbeitsbereich, ganz egal ob du als Freelancer alles alleine machst, oder wie wir in einem festen Team arbeitest. Niemand kann konstant dein Händchen halten und den ganzen Tag bei dir sein. Vielleicht sind deine Kollegen ein paar tausend Kilometer von dir entfernt in einer antizyklischen Zeitzone. Fakt ist, wir kommen regelmäßig in Situationen, die wir im ersten Moment alleine bestehen müssen – egal in welchem Bereich. Deine Aufgaben sind deine Verantwortung. Du wirst die Lorbeeren ernten, aber auch dafür geradestehen, wenn etwas nicht funktioniert. Verantwortung abdrücken kannst du nicht.
Hör auf, dich in Grund und Boden zu arbeiten
Wir wissen, dass das ein sensibles Thema ist. Genau deshalb ist es wichtig, es anzuschneiden. Erfahrungsgemäß arbeiten wir eher zu viel als zu wenig. Dafür kann es viele Gründe geben. Sei es nun, dass man kaum fassen kann, die Chance zu bekommen, endlich ortsunabhängig zu sein und das auf gar keinen Fall gefährden will (sehen wir bei neuen Kollegen oft). Oder vielleicht, weil das Konzept von „Feierabend“ nicht zu unserem Anspruch passt, sich die Zeit frei einzuteilen.
Vergiss nicht, zu leben. Nur weil du pro Kalenderjahr physisch in mindestens siebzehn Ländern warst, hast du noch nicht deine Zeit genossen. Die Versuchung, diesen kleinen aber feinen Unterschied auszublenden, ist leider da. Kann sein, dass du viel Eigendisziplin brauchst, um in Balance zu bleiben. Nimm das ernst.

Improvisation und Agilität
Das gilt für das Privatleben genauso wie für den Arbeitsalltag. Wenn du das überhaupt noch trennen kannst (wir eher nicht). Es spielt keine Rolle, ob du monatelang „zuhause“ bist, oder konstant um den Globus reist. Sei darauf vorbereitet, dass nicht alles nach Plan laufen wird. Stromausfälle, Lebensmittelallergien, Krankheit, gesperrte Kreditkarte, Pech, Zufall, ganz egal. Du wirst lernen müssen, dich im Zweifelsfall in Windeseile umzuorientieren, und eine andere Lösung aus dem Hut zu zaubern. Falls du Zeitzonen-übergreifend arbeitest, musst du dich darauf einstellen, dass deine Arbeitszeiten sich dementsprechend verschieben – vielleicht dauerhaft.
Lerne Probleme selbst zu lösen
Da keiner dauerhaft neben dir sitzt, wirst du früher oder später in Situationen kommen, in denen du eine Nuss selbst knacken musst. Mal abgesehen, dass wir in einer idealen Welt auf jedes fachliche Problem schon mit der Lösung winken können, wirst du nicht durch dein Remote-Arbeitsleben kommen, ohne hin und wieder „verloren“ vor einer Problemstellung zu sitzen. Und genau dann ist vermutlich niemand online, der dir helfen kann und du findest in all deinen Suchmaschinen und ausgeklügelten Anlaufstellen nicht die Info, die dir weiterhilft.
Da hilft nur eins: MACHEN und –
Lerne Probleme zu abstrahieren und Wissen zu transferieren
Das klingt so banal. Wir möchten an dieser Stelle jedoch ein wenig auf erfahrungsbasierte Gesellschaftskritik verweisen: Google ersetzt diese Fähigkeit bei vielen Menschen. Natürlich ist es super, ein Problem zu googeln (auf diese Idee muss man schließlich erst mal kommen) und dann einer vorgefertigten Anleitung zu folgen. Manchmal geht das aber nicht und man muss selbst kreativ werden. Je besser man in der Lage ist, geistig einen Schritt zurück zu treten, das Problem in seinem Gesamtsetting zu analysieren und Transferleistungen aus anderen Lebensbereichen zu stemmen, desto besser. Analytisches Denken und die Fähigkeit, sich geistig auf der Metaebene bewegen zu können, sind unschätzbar wertvoll, wenn man wie wir den Anspruch hat, die Dinge „anders“ zu machen. Wer jedes Problem in seiner ganzen Detailpracht bewundert, verrennt sich schnell und kommt nicht weiter.
Schaffe dir selbst gute Arbeitsbedingungen
Du musst deine Konzentrationsfähigkeit selbst überwachen.
Du kannst auf der Copacabana bei 37°C hochkonzentriert programmieren, auch wenn du auf dem Bildschirm vor lauter Sonne nichts siehst? Schön, dann weiter so. Du fühlst dich in deinem 15$-Motelzimmer unwohl, weil du keinen Platz hast, auf den LKW-Parkplatz schaust und dich die Kakerlaken auf der Tastatur ablenken? Dann war das keine gute Entscheidung und du solltest umdisponieren, denn das Verständnis deiner Auftrag- oder Arbeitgeber ist auf Dauer begrenzt. Ebenso sind deine Kollegen darauf angewiesen, dass du deine Arbeit zuverlässig machen kannst. Du merkst, dass zu häufige Ortswechsel dir den letzten Nerv rauben (anfangs nur sehr schwer vorstellbar, aber an den Punkt kommen viele), außerdem bist du deshalb ständig krank und springst von einem Jetlag ins nächste? Dann passe den Rhythmus an.

Schaffe dir selbst Strukturen
Klar kann man auch von der Hand in den Mund leben und arbeiten. Das funktioniert je nach Branche eine Weile, aber es ist wahnsinnig ineffizient und irgendein anderer Bereich des Lebens kommt wahrscheinlich zu kurz. Je besser wir unser eigenes authentisches Arbeitsverhalten gelernt haben, desto besser wurden die Leistungen. Allerdings kann das bei jedem anders aussehen. Über diese Dinge sollte man sich also ein paar Gedanken machen:
Wie viele Stunden kann ich am Tag fokussiert arbeiten?
Küsst mich manchmal die Muße und ich arbeite zwei Wochen ohne Pause durch und mache dann wieder drei Wochen weniger? Kann auch funktionieren.
Gibt es eine Tages- (oder Nacht-)zeit zu der ich am Besten arbeiten kann?
Wie sehen meine Aufgaben im Detail aus?
Welche meiner Aufgaben brauchen besonders viel Aufmerksamkeit, welche kann man eher nebenher machen?
Je mehr du über dein authentisches Arbeitsverhalten weißt, desto besser.
Disziplin, Disziplin, Disziplin
Selbstklärend, oder? Dachten wir auch. In einem Lebensentwurf, in dem Flexibilität und Veränderung so einen großen Stellenwert einnehmen, ist das gar nicht so einfach.
Solange man Zuhause im gewohnten Umfeld ist, bemerkt man die eigenen Routinen nicht. Trainieren kann man auch dann viermal wöchentlich, wenn man halbautomatisiert ist. Und wenn es dieselben Fitness-Kurse am nächsten Reiseziel nicht gibt? Vielleicht gibt es ja gar kein Fitness-Studio in der Nähe? Auf Kalorien, veganes Essen oder Allergene achten, wenn man an einem Ort ist, dem das kulturelle Verständnis für deine ‚Extrawürste‘ vielleicht fehlt? Du solltest joggen gehen, möchtest aber lieber am Strand liegen, oder mit deinen neuen Mitbewohnern Tapas essen und Cocktails trinken? Keine Sorge, man kann neue (ortsunabhängige) Gewohnheiten aufbauen und einen eisernen Willen antrainieren, der auch zu so einem flexiblen Lebensstil passt.
Mache dir bewusst, was du durch Remotearbeiten gewinnst
Wir lieben es, remote zu sein. Selbst obwohl viele von uns manchmal monatelang einfach zuhause sind und nicht den ewigen Sommer leben. Du musst nicht mehr täglich im Stau stehen oder pünktlich im Büro aufkreuzen. Du musst nicht mehr für teures Geld in der Kantine essen oder dir was beim Bäcker kaufen (außer du willst das). Du kannst 365 Tage im Jahr deinem Herzen folgen (vorausgesetzt du hast am Zielort Internet). Vielleicht brauchst du dein geldfressendes Auto nicht mehr. Du wolltest schon immer einen Hund? Super, dein Haustier wird niemals ohne dich sein müssen. Dein Partner muss jobbedingt wegziehen? Kein Problem, wegen dir könnt ihr morgen beginnen, Wohnungen zu besichtigen. Du hast Freunde in Argentinien, Neuseeland, Japan und Kanada? Besuch sie doch alle hintereinander und mach eine Rundreise. Vergiss nicht die romantischen Gegenlichtfotos!
Spare niemals, nie nie nie am Internet
Es gibt kaum etwas nervigeres als eine Internetverbindung, die Meetings durch konstante Lags, wiederholtes Neuverbinden und Pixelmus stört (Unser Favorit: unfreiwillige Walgesänge der Kollegen durch lahme Verbindungen. Kennt ihr die?). Das hemmt die Effizienz aller Beteiligten. Du kannst an allen Ecken und Enden aufs Geld achten und knausern leben, aber das Internet ist eben dein Arbeitsplatz und das muss funktionieren.
Und zu guter Letzt ein empfindliches Thema, das insbesondere neugebackene Ortsunabhängige nicht so gerne hören:

Es kann sehr einsam werden
Wenn du in die Ortsunabhängigkeit schreitest, verschieben sich die Themen und Gewichtungen in deinem Leben. Wenn du reisen willst (insbesondere alleine), dann wirst du nicht nur lernen, dich sehr intensiv mit dir selbst auseinander zu setzen, sondern du wirst definitiv lernen, mit Einsamkeit umzugehen. Selbst wenn man sich von Haus aus für einen unabhängigen Eigenbrötler hält, heißt das nicht, dass man mit dieser Art von Isolation dauerhaft umgehen kann. Muss man aber auch nicht. Das gehört dir gegenüber vielleicht zu deiner größten Verantwortung.
Probier aus, was zu dir passt. Bei uns sieht die Ausgestaltung der Ortsunabhängigkeit bei jedem ganz anders aus. Leider ist es so, dass vielleicht nicht jeder in deinem Umfeld verstehen wird, was dich beschäftigt. Davon können wir mittlerweile Lieder singen. Du folgst einem anderen Konzept, das mit seinem eigenen Anforderungskatalog und vielen Eigenheiten kommt. Ein Remote-Leben ist nicht objektiv besser oder schlechter. Es ist einfach ganz anders.
… haben wir noch was vergessen?