In einem unserer letzten Artikel haben wir euch vorgestellt, dass der Wechsel zu einer Cloudlösung einen beachtlichen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit für euer Unternehmen darstellt. Vollendet ist dieser Prozess jedoch noch lange nicht, und auch im Bereich Cloud gibt es durchaus Punkte, die nachdenklich stimmen.
Damit ihr euch eine fundierte Meinung bilden könnt, stellen wir euch Bereiche vor, in denen es noch Nachholbedarf gibt. Denn auch diese Medaille hat eine zweite Seite.
Fossile Brennstoffe:
Zwar ist grüner Betrieb mit erneuerbaren Energien im Vormarsch und auch die regionale Energieerzeugung (statt aufwändigem Import) schreitet weiter voran, doch das bedeutet eben auch, dass man von den fossilen Brennstoffen erst noch wegkommen muss.
Die Ideen sind da; gasbetriebene Rechenzentren oder geschlossene Energiesysteme mit reduziertem Verlust. Nur sind wir da momentan noch nicht.
Der Video Streaming-Riese YouTube ist übrigens Tochtergesellschaft von Google, bereits seit 2006. Laut dem Green Peace-Report „Clicking Clean“ aus dem Jahr 2017 werden „nur“ 24% der Plattform mit Kohle- und Atomenergie betrieben. Wer das immer noch ziemlich hoch findet, sollte sich erst gar nicht bei den bezahlten TV on Demand-Lösungen umsehen:
Unser heißgeliebtes Netflix kam auf Sage und Schreibe 17% saubere erneuerbare Energien und 56% aus den Sektoren Kohlestrom und Atomstrom. Der Wechsel auf Amazon Prime hilft da leider auch nicht, denn Prime schnitt genauso ab.
Es geht in die richtige Richtung, aber das Potenzial ist noch groß. Der neue heiße Kandidat auf dem Feld heißt Apple TV+ und wurde für den Herbst 2019 angekündigt. Apple-Dienste sind bereits ganz auf erneuerbare Energien umgestiegen, es ist also davon auszugehen, dass auch Apple TV+ „grüner“ sein wird.

Quelle: Green Peace Clicking Clean 2017
Der Trugschluss „viel hilft viel“:
Im letzten Artikel über die Nachhaltigkeit von Cloudlösungenhaben wir euch erklärt, wieso Rechenzentren immer preiseffizienter werden. Man darf jedoch nicht vergessen, dass auch ein grünes Rechenzentrum wirtschaftlich sein muss und Profit erzielen soll, sonst betreibt es ja keiner. Je mehr Profit, desto besser, so oftmals die Logik. Mehr Profit wird auf zwei Arten erreicht
- 1.) Qualitativ betrachtet kann die Effizienz weiter optimiert werden, die Kosten sinken in Relation.
2.) Quantitativ betrachtet stellt man einfach „mehr“ zur Verfügung; mehr Server, mehr Leistung. Die Kosten bleiben gleich.
Die beiden Größen qualitativer und quantitativer Profit kommen sich leider gezwungenermaßen in die Quere, denn mehr ungenutzte Infrastruktur minimiert eben wieder die Effizienz. Eine Sättigung des Bedarfs an Leistung ist allerdings noch lange nicht in Sicht, denn –
Cloud schafft mehr Bedarf an Cloud:
Dank Streaming-Diensten muss sich niemand mehr in einer staubigen Videothek darüber ärgern, dass der Film der Wahl leider schon ausgeliehen ist. Verschiedene Blockbuster-Serien laufen in Deutschland bei unterschiedlichen (teils exklusiven) Anbietern, deren Angebot sich größtenteils aber doch überschneidet. Wir streamen auch Musik, Hörbücher, E-Books und finden es selbstverständlich, dass alles von mehreren Geräten aus im eigenen Account verfügbar ist.
Livestreaming wird nicht nur privat, sondern auch im Businessbereich immer populärer, weil man noch näher an seinen Followern ist, quasi in Echtzeit auf Fragen reagieren kann und sich unerreicht nahbar und authentisch präsentiert. YouTube, Blogs und Social Media sind nicht nur Freizeitinhalt, sondern für Menschen aus unterschiedlichsten Sparten eine neue Karriere. Und da es so bequem ist und so viele Freiheiten bietet, von überall Zugriff auf alles zu haben, ist der Bedarf für diese Sparte noch lange nicht gesättigt.
Der ganze IT-Sektor rund um die Cloud boomt und lässt sich noch einmal in die folgenden drei Kategorien unterteilen (auf die wir an dieser Stelle noch nicht näher eingehen):
- – IaaS (Infrastructure as a Service
- – PaaS (Platform as a Service)
- – SaaS (Software as a Service)
Auch der neue Star „Industrie 4.0“ wird auf den Schultern der Cloud getragen. Die Datenmengen, die in einer intelligenten Produktion anfallen, lassen sich anderweitig nicht mehr verarbeiten, denn da Produktionsbetriebe mittlerweile oft dezentral organisiert werden, ist es erforderlich, zentral auf Daten und Anwendungen zugreifen zu können. Man kann davon ausgehen, dass Prozesse auch zukünftig weiter automatisiert und optimiert werden. Je mehr Unternehmen auf dieses Pferd setzen, desto mehr Rechenleistung wird benötigt.
Man kann wohl mit Überzeugung sagen, dass die Cloud das Umfassendste ist, das die Menschheit als solche erschaffen hat. Viele jubeln „Fortschritt“, manche denken heimlich eher an Skynet.
Datenmüll:
Der digitale Fußabdruck, den man zwar vielleicht nicht direkt auf der Welt, dafür aber sehr wohl in der Cloud hinterlässt, ist riesig. Und zwar frei nach dem Motto „Ich speichere es, weil ich es kann.“ Motive werden lieber gleich mehrmals fotografiert und aus unterschiedlichen Winkeln, denn es macht ja nichts. Es liegt ja da irgendwo in der Cloud rum. Anschauen wird man sie wohl nicht mehr, auch wenn man es sich wirklich vornimmt. Es geht ja darum, es einfach zu haben und zu wissen, dass es im Zweifelsfall da wäre. Zu Datenmüll gehören genauso längst vergessene iPhone-Notizen, aber auch gespeicherte Chatverläufe und E-Mail-Fächer, in denen E-Mails standardmäßig nicht gelöscht werden.
Auch in zwei Jahrzehnten findet man die Unterlagen des längst abgebrochenen und vergessenen Erststudiums noch in einer dunklen Ecke der Dropbox. Einer Schätzung auf Wikipedia lässt sich entnehmen, dass es im Jahr 2020 ca. 35 – 40 Zettabyte Datenmüll geben soll. Okay, aber was ist denn ein Zettabyte?
1 kB (Kilobyte) = 1.000 Byte
1 MB (Megabyte) = 1.000.000 Bytes
1 GB (Gigabyte) = 1.000.000.000 Bytes
1 TB (Terabyte) = 1.000.000.000.000 Bytes
1 PB (Petabyte) = 1.000.000.000.000.000 Bytes
1 EB (Exabyte) = 1.000.000.000.000.000.000 Bytes
1 ZB (Zettabyte) = 1.000.000.000.000.000.000.000 Bytes
Das ist ziemlich abstrakt. Mal abgesehen davon, dass 35 Zettabyte wirklich sehr sehr viele Daten sind, kann man sich darunter nichts konkretes mehr vorstellen. Interessanterweise ist es dabei auch gar nicht so einfach, eine Definition des Begriffs „Datenmüll“ zu finden. Annäherungen scheinen eher vage zu sein, kommen aber ungefähr auf einen solchen Nenner: Bei Datenmüll handelt es sich eben um nutzlose Daten, die keiner will oder braucht, geschweige denn vermisst. Auch korrupte Datensätze, die nicht mehr lesbar sind, gehören dazu. Zusätzlich gibt es dann noch die Menge der Daten, die sehr wohl erwünscht ist.
Online-Dienste verdrängen Filialen vor Ort:
Menschen wollen eher nicht mehr bis zum nächsten Tag warten, um ein bestelltes Buch im Buchladen zu holen. Das bedeutet nicht nur doppelte Anreise zum Buchladen (besonders ärgerlich, wenn man keinen in der unmittelbaren Nähe hat), sondern kostet oft auch mehr als ein E-Book. Warum sollte man wegen einem Bestellvorgang von unter einer Minute heute noch das Haus verlassen? Natürlich spielen dem Online-Shopping noch weitere Faktoren in die Karten. Beispielsweise uneingeschränkte Öffnungszeiten und die Tatsache, dass die Zielgruppe nicht mehr vorwiegend lokal, sondern thematisch bedingt ist. Zur Kaufentscheidung gehört mittlerweile das Durchforsten von Online-Rezensionen dazu. Und wenn man sich sowieso schon umschaut, sucht man auch gleich die günstigste Bezugsquelle. Für den Endkunden ist es dabei oft irrelevant, ob die neuen Kopfhörer aus einem Versandlager in Kiel, Barcelona, oder Bratislava stammen. Wie so oft ist die Marktsättigung ein Faktor, der dem (Einzel-)Handel das Leben schwer macht. Es mag vielleicht Sinn ergeben, in einer Großstadt pro Quadratkilometer fünfzehn Bäckereien zu haben. In derselben Großstadt je dreizehn Parfumstände und vier Hutgeschäfte pro Kaufhaus zu unterhalten, verfehlt hingegen den Sinn. Überträgt man das nun auf den E-Commerce und gehostete Shop-Lösungen, verschiebt sich das Bild. Dreizehn Online-Parfümerien sind ein Tropfen auf dem heißen Stein, wahrscheinlich sind sie durchaus konkurrenzfähig und selbst für ein unscheinbares Produkt wie Hüte wird es bei entsprechendem Marketingeinsatz Abnehmer geben. Der Endverbraucher freut sich, aber für Unternehmer und Arbeitnehmer ist die Verlagerung von „vor Ort“ nach „Cloud“ Grund zur Sorge, denn ein Umdenken und Umorganisieren ist unausweichlich. Auch die Zahl der Bankfilialen nimmt immer weiter ab. Günstige oder kostenfreie Onlinekonten verdrängen den altmodischen Bankberater, denn Kontoführungsgebühren möchte niemand einfach so zahlen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Umschwung, den die Cloud mit sich bringt, durchaus mit einem Preis kommt. Laut dem KPGM Cloud-Monitor 2018 (siehe Link) ist das Thema Cloud Computing für nur noch 13% der deutschen Unternehmen uninteressant. Den Umstieg haben laut Cloud Monitor 66% bereits getätigt:
Die Kehrseite der Medaille ist also: je mehr in die Cloud verlagert wird, desto größer die Abhängigkeit und desto größer die Schäden, wenn es dann doch zu einem Ausfall kommt. Man könnte sich durchaus fragen, wie gut es ist, dass die Cloud in den Händen einiger weniger Anbieter liegt.
Von Datensicherheit und Compliance werden wir in diesem Zuge mit Sicherheit noch oft hören.