Spricht man von einem Remote Job, geht es dabei nicht um das “was”, sondern um das “wie”. Der Schreibtisch im Büro und das Home Office sind stationäre Arbeitsplätze, bei einem Remote Job spricht man hingegen von mobilen Arbeiten, das zwar durchaus am heimischen Schreibtisch passieren kann, aber vielleicht auch jeden Tag von einem anderen Ort. Mobile Arbeit ist übrigens auch der Begriff, der rechtlich verwendet wird. Da nicht allen immer sofort klar ist, was der Unterschied zwischen Home Office und mobilem Arbeiten ist, schauen wir uns zuerst das genauer an1. Abgrenzung von Home Office
Was vielleicht erst einmal simpel klingen mag, ist ein Unterschied, der einen ziemlich langen Rattenschwanz hinter sich herzieht: Ein Remote Job ist nicht stationär wie beispielsweise Home Office.
Man könnte nun flapsig sagen “Naja, aber ob man jetzt Zuhause arbeitet oder nicht, ist doch egal … “. Das mag vielleicht in manchen kulanten Fällen in der Praxis so sein, defakto ist der Unterschied zwischen mobilem und stationärem Arbeiten nicht halb so marginal wie man glaubt:
– Arbeitsvertrag
Ein Home Office-Job, aber auch ein Job der vielleicht nur teils Home Office umfasst, hat in der Regel einen fest definierten Arbeitsplatz an der Wohnadresse des Arbeitnehmers. Dieser Ort gilt vertraglich als der Erfüllungsort der vereinbarten Arbeit (exklusive Kundentermine und Reisen versteht sich, die fallen unter das mobile Arbeiten).
Einen Anspruch auf Home Office hat man bislang nicht, daher kann es je nachdem Sinn ergeben, die Häufigkeit, bzw. den Umfang des Home Office im Arbeitsvertrag klar zu definieren. Bei einem Remote Job fällt das natürlich flach, denn da gibt es keinen festen Erfüllungsort und von wo man arbeitet, entscheidet jeder selbst.
– Arbeitsstättenverordnung
Für das klassische Home Office gilt die (mittlerweile entsprechend angepasste) deutsche Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Daraus ergibt sich für den Arbeitgeber unter anderem genau wie im Büro eine Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung – zwar nur einmalig, aber immerhin. Das heißt: ein Betriebsarzt bzw. eine ausgebildete Fachkraft für Arbeitsschutz inspiziert den Arbeitsplatz und das kostet den Arbeitgeber Geld. Für die Ausstattung dieses Arbeitsplatzes und die Bereitstellung der Arbeitsmittel ist übrigens auch der Arbeitgeber verantwortlich. Zieht der Arbeitnehmer um und verlegt dadurch den den Erfüllungsort der Arbeit, muss es eine erneute Gefährdungsbeurteilung geben. Dabei gelten übrigens dieselben Standards wie im Büro auch, denn beide Varianten sind eben stationär und nicht mobil – der Arbeitsplatz wurde einfach nur an einen anderen festen Ort ausgelagert.
Die erstmalige Gefährdungsbeurteilung nach jedem Ortswechsel ist bei mobiler Arbeit natürlich nicht umsetzbar, ganz egal ob es nun um volle Ortsunabhängigkeit geht, oder ob eine einzelne Dienstreise gemeint ist. Die deutsche Arbeitsstättenverordnung findet bei einem Remote Job bzw. bei mobiler Arbeit allgemein also keine Anwendung (das haben wir hier gefunden). Der deutsche Arbeitsschutz ist davon unberührt und gilt in vollem Umfang.
Denkt ihr also vielleicht darüber nach, selbst ein Unternehmen zu gründen und liebäugelt mit dem Gedanken an Home Office, so solltet ihr noch mal genauer über Remote Work nachdenken. Mit den zahlreichen Regelungen und Pflichten der Arbeitsstättenverordnung müsst ihr euch dann nämlich nicht herumschlagen.

Übrigens noch ein paar interessante Einschätzungen zum Thema Remote Work:
Der Hardware-Hersteller OwlLabs veröffentlicht übrigens jedes Jahr einen Bericht über den “Global State of Remote Work“. Was Menschen an einem Remote Job motiviert, wird dort jährlich sogar weltweit ausgewertet. Im Bericht aus dem Jahr 2018 sieht das Ergebnis folgendermaßen aus:

(Quelle: Global State of Remote Work 2018 )
Was wir außerdem in diesem Bericht wirklich interessant fanden, waren die folgenden beiden Fakten:
- – global betrachtet kommen die meisten Menschen mit einem komplett ortsunabhängigen Job aus Lateinamerika.
- – dass Männer remote arbeiten ist um ganze acht Prozentpunkte wahrscheinlicher.
Trotzdem soll es in diesem Artikel natürlich hauptsächlich um die Vor- und Nachteile eines Remote Jobs gehen, damit ihr euch selbst ein Bild machen könnt. In diesem Sinne richten wir den Fokus doch auf die
1.) Vorteile
Kontrolle über alle Störfaktoren
Diesen Punkt kennt ihr vielleicht bereits aus unserem Home Office-Artikel. Kann man arbeiten wo man will, fallen viele Störfaktoren, die einem die Konzentration vielleicht schwer machen, einfach weg, da man ihnen ausweichen kann.
Im Gegensatz zum Home Office kann man mit einem Remote Job aber nicht nur vom Büro in die häusliche Sphäre ausweichen, sondern je nach Bedarf vielleicht auch in der Bibliothek arbeiten, oder sich mal eine Woche in eine Alpenhütte einmieten.

Freie Entscheidung
Berlin ist zu laut und es wird Zeit für eine Blockhütte im Wald? Na klar. #Vanlife? Wieso auch nicht. Ihr müsst auch nicht mehr jeden Tag in der Kantine essen oder ständig alles am Vortag schon zubereiten. Wer an Allergien leidet oder einer bestimmten Ernährungsweise folgt, weiß dies sehr zu schätzen. Theoretisch kann man jeden Morgen neu entscheiden, wie man den Tag gestalten möchte – und von wo die Arbeit verrichtet wird. Eingeschränkt wird man dadurch nur durch drei Faktoren: Technik, Internet und durch sich selbst.
Persönliche Entfaltung und Flexibilität
So viel Entscheidungsspielraum hat natürlich zur Folge, dass es möglich ist, einen sehr individuellen Lebensstil aufzubauen. Ist man zudem noch in der Lage, die Arbeitszeit mehr oder minder frei einzuteilen, steht dem Traum-Leben kaum noch etwas im Wege. Auch Hobbys wie der Besuch im Fitnessstudio, oder ein Arztbesuch am Vormittag sind dann machbar, denn man kann private Termine um die Arbeits-Pläne herum organisieren.
Familienfreundlich
Diesen Punkt habt ihr ebenfalls schon in unserem Artikel über die Vor- und Nachteile von Home Office finden können, im Fall eines Remote Jobs lässt sich das allerdings noch ein Stück weiterspinnen: eure Urlaubsplanung wird noch flexibler, wenn ihr auch gerne mal alleine reist. Ein verlängertes Wochenende woanders kriegt man eigentlich immer irgendwie hin. Und wenn euer Partner beispielsweise eine längere Dienstreise antreten muss, steht es euch mit einem Remote Job offen, einfach mit zu gehen (zumindest sofern ihr keine Einschränkungen habt, was bestimmte Zeitzonen angeht).
Persönliches Wachstum
Während der eigenen Remote-Karriere wächst man nicht nur fachlich, sondern auch persönlich. Das liegt sicherlich auch daran, dass man vergleichsweise wenige Einschränkungen erfährt und sich normalerweise in einem anderem Ausmaß einem Lebensstil verschreiben wird, dem man aus Überzeugung folgt. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch mit einem Bürojob, oder einem Job in der Industrie total glücklich sein kann – aber ein Remote Job ist eben wirklich speziell. Kann man selbst so umfänglich den Ton im eigenen Leben angeben, wird man sehr schnell lernen, was man wirklich will – schließlich bindet einen der Arbeitgeber ja nur noch an die quantitative und qualitative Erbringung der Arbeit. Ist man mit irgendeinem Umstand im Leben unzufrieden, gibt es nur noch eine Lösung: Verantwortung dafür übernehmen, das Thema durchdenken und dann entsprechend Handeln. Achtung, Suchtgefahr!
Gesundheit und Stresslevel
Es gibt sehr viel Gründe, warum ein Remote Job für die Gesundheit ein riesiger Gewinn sein kann. Es beginnt dabei, dass der Stresspegel ohne tägliches Pendeln niedriger bleibt. Weder muss man morgens hetzen, und auch nach Feierabend bleibt einem der Adrenalinstoß und Frust erspart, wenn man knapp die Bahn verpasst und zwanzig Minuten in der Kälte zittern muss. Hinzu kommt, dass gesunde Ernährung viel einfacher wird und dass man nicht mehr zwischen einer Vielzahl hustender und niesender Menschen in den öffentlichen Verkehrsmitteln sitzen muss, wenn gerade mal wieder eine Grippewelle über’s Land rollt. Wir können diesen Punkt aus eigener Erfahrung bestätigen; wir sind wirklich selten krank.
Nachhaltigkeit
Das Auto kann stehen bleiben und für die Arbeit muss man keine Kilometer mehr machen. Damit trägt man merklich zu einer Entlastung der Straßen bei und produziert auch nicht mehr Unmengen CO2. Lebt man in einem Ballungsgebiet mit entsprechender Infrastruktur, kann man möglicherweise sogar vollständig auf das Auto verzichten. Und natürlich hat auch die Ernährung einen maßgeblichen Beitrag an der Nachhaltigkeit; wer also noch nie glücklich mit dem Essen in der Kantine oder überhaupt mit halbherzig gekauften Mahlzeiten aus dem Supermarkt war, kann diese getrost vom Speiseplan streichen und frisch kochen.
Eine Ausnahme gibt es: Entscheidet man sich, als digitaler Nomade fleißig von einem Ort zum nächsten zu fliegen, war’s das mit der Nachhaltigkeit.

Die Kollegen sitzen im selben Boot
Diesen Faktor unterschätzt man zuerst. Tatsächlich hat man nicht unbedingt einen bedeutsamen gemeinsamen Nenner, wenn man einfach nur im selben Büro arbeitet. Zieht es euch jedoch in so die (im deutschsprachigen Raum) exotische Nische der Remote Arbeit, so hat man mit seinen Kollegen sehr viele Erfahrungen und oft auch Überzeugungen gemeinsam. Selbst wenn man keine großen Überschneidungen in der Alltagsarbeit hat, sind die Kollegen höchstwahrscheinlich mit einem ganz ähnlichen Mindset ausgestattet und haben Ansichten, die ihr wahrscheinlich teilt. Natürlich kann es trotzdem zu Reibungen und Konflikten kommen. Aber dennoch sind die Kollegen fast automatisch Gleichgesinnte. Der Kontakt zu ihnen, auch wenn sie ganz schön weit weg sitzen, ist dementsprechend eher selten oberflächlich – und das trägt zu einem tollen Lebens- und Teamgefühl bei.
2.) Nachteile
Potenzial zur Überforderung
Natürlich ist Freiheit schön und gut. Man darf allerdings nicht vergessen, dass man eben doch einen Job hat, der erledigt werden will und bei der vielen Freiheit nicht zu kurz kommen darf. Packt man sich zu viel auf einmal in den Kalender oder tut sich grundlegend eher schwer damit, entsprechend zu priorisieren, ist der Grat zwischen Freiheit und Überforderung schmal. Insbesondere, wenn man gerade in einer Lebensphase steckt, in der man sich eher labil fühlt, sollte man diesen Hinweis wirklich ernst nehmen (dazu findet ihr hier einen Artikel auf unserem Blog).
Eigenverantwortung und Selbstdisziplin
Das betonen wir regelmäßig und dieser Punkt wird dennoch sehr gerne unterschätzt: will man langfristig ortsunabhängig arbeiten, sind eine gehörige Portion Eigenverantwortung und Selbstdisziplin gefragt. Je unsicherer bzw. wechselhafter die individuelle Lebensgestaltung dann ausfällt, desto ausgeprägter muss diese Selbstdisziplin sein. Die Motivation darf nicht leiden, auch wenn wenn es jenseits des Laptops noch so aufregend zugeht, ihr mitten im Jetlag steckt oder einfach lieber die Kirschblüte sehen würdet. Natürlich ist es ziemlich cool, den Feierabend und die Wochenenden am Ort der Wahl zu verbringen, aber wie im Dauerurlaub wird man sich nicht fühlen (auch wenn dieses Bild häufig vermittelt wird und die Einschätzung von außen vielleicht so wirkt). Man hat einen Job. Und Freizeit hat man nach Feierabend und im Urlaub.

Es gibt eben doch Einschränkungen
Je größer die Sehnsucht und Begeisterung für das Thema Ortsunabhängigkeit ist, desto leichter lesen sich die Vorteile je nachdem nach Utopie und/ oder Anarchie. Beides ist nicht richtig. Natürlich sind die Freiheiten groß. Aber trotzdem darf man nicht vergessen:
– arbeitet man beispielsweise Vollzeit, dann heißt das genau wie im Büro, dass man acht Stunden pro Tag arbeitet. Ganz egal, ob aus Stuttgart, Manila oder Las Vegas. Mit dem Unterschied, dass man sich selbst unter Kontrolle behalten muss.
– Zeitzonen: Nicht alle Remote-Firmen gestatten übrigens die Arbeit aus beliebigen Zeitzonen, da solltet ihr euch zuerst einmal informieren. Möglicherweise ist euer Hawaii-Aufenthalt gar nicht mit den entsprechenden Bestimmungen eures Arbeitgebers kompatibel. Auf jeden Fall muss euch klar sein, dass ihr während eurer Reisen unter Umständen mit unbequemen Arbeitszeiten leben müssen – beispielsweise weil eure Kunden im deutschsprachigen Raum in der Regel nur zwischen 09 und 17 Uhr erreichbar sind und ihr in diesem Zeitfenster auch erreichbar sein müsst. Oder weil es feste Kernarbeitszeiten gibt. Das ist verschmerzbar, wenn man ein paar wenige Stunden Unterschied hat. Auf Bali würde das Folgendes bedeuten: Montag bis Freitag läge die reguläre Arbeitszeit zwischen 15:00 Uhr und 23:00 Uhr. Uhff.
Informationsaustausch und Isolation
Erst einmal ist natürlich Fakt, dass der direkte Austausch mit den Kollegen fehlt. Man trifft niemanden mehr auf dem Flur oder kann im Vorbeigehen mal ins andere Büro spähen. Man redet auch nicht mehr zwischen Tür und Angel, oder an der Kaffeemaschine über das Tagesgeschehen. Fröhliche oder schlecht gelaunte Gesichter bekommt man nicht mehr sofort mit. Eine bestimmte Art des Austausches hat man als Teil eines Remote Teams einfach nicht mehr. Wie nahbar und engmaschig der Informationsaustausch und die gefühlte Anbindung an die Kollegen sich jedoch anfühlt, ist hauptsächlich eine Frage der Kommunikations-Infrastruktur. Über welche Kanäle kommuniziert wird (Chat, E-Mail, Videocall, Telefon, …) und wie oft kommuniziert wird, ist ein zentraler Teil der Firmenkultur. Kocht jeder sein eigenes Süppchen, kann sich das durchaus sehr isoliert anfühlen. Kommuniziert man bewusst engmaschig miteinander und bindet neue Kollegen in diesen Umgang von Anfang an ein, muss das allerdings nicht zwangsweise so sein.

Eingeschränktes Verständnis von Mitmenschen
Manchen Menschen macht das gar nichts, manche nervt dieses Phänomen extrem. Für viele Außenstehende ist es nicht immer nachvollziehbar, dass ein ortsunabhängiger Job eine ernstzunehmende Sache ist, die mindestens genauso viel Konzentration benötigt wie jeder andere Job. Schließlich kann man ja Zuhause auf der Couch sitzen bleiben, oder monatelang am Urlaubsziel bleiben. Das kann ja wohl kaum so anstrengend sein wie ein “richtiger” Job, so öfter die Annahme. Insbesondere, wenn man sich Raum mit Menschen teilt, die für dieses Thema noch nicht sensibilisiert sind (zum Beispiel der klassische Besuch bei der Familie), wird einem das ein oder andere Mal ein gewisses Maß an Unverständnis begegnen. Man muss damit rechnen, anfangs regelmäßig unterbrochen zu werden – meistens ist das gut gemeint, aber Arbeit erfordert Konzentration und meistens will man nach dem fünften Mal Fragen immer noch kein Stück Kuchen, sondern fühlt sich genervt. Dass körperliche Anwesenheit im Raum noch lange nicht signalisiert, dass man für Kaffeeklatsch, komplexe Unterhaltungen, oder gar Ausflüge verfügbar ist, müssen die Angehörigen oft erst lernen.
Wir hoffen, dass ihr mit dieser Aufstellung eure Wahrnehmung zum Thema Remote-Job noch einmal verfeinern konntet und dass euer Bild nun kompletter ist. Wenn ihr Fragen an uns habt, oder es noch Punkte gibt, die ihr vermisst, dann freuen wir uns über eure Kommentare.